„Attraktives Gesamtpaket”

Anleihe BDT 2017/24 wird nach am Ende sieben Jahren eben auch mal irgendwann fällig – Umtauschangebot und Zeichnungsfrist laufen. BondGuide sprach mit CFO Holger Rath und CEO Marc Steinhilber zur laufenden Emission

BondGuide: Herr Dr. Rath, Herr Steinhilber, pünktlich zur Anleiheemission hatte die BDT Media Automation auch ihre frischen Halbjahreszahlen zur Hand: 76% Plus beim Umsatz, EBITDA mehr als verdoppelt – wie geht das, ist das rein ein Basiseffekt aufgrund des problematischen Vergleichs mit Vorjahren?

Rath: Da kommen in der Tat mehrere Aspekte zusammen. 2021 und 2022 sind nicht gut geeignet für Vergleiche – erst Corona und Lockdowns, dann weltweite Lieferengpässe bei elektronischen Komponenten. Wir konnten deshalb entweder nur verspätet oder gar nicht liefern. Richtig ist daher, dass die Vergleichsbasis aus dem Vorjahr recht niedrig war. Gleichzeitig haben wir aber auch unsere Hausaufgaben gemacht: Wir haben im ersten Halbjahr 2023 allein schon ca. 27 Mio. EUR mit einem neuen großen Kunden, einem sogenannten Hyperscaler 1, aus dem Bereich Cloud-Lösungen gemacht.

Steinhilber: Dieser Trend nimmt stark an Fahrt auf – und heutige Cloud-Lösungen gelten auch als sicher, nicht nur die westlichen. Alle drängen in diesen Markt, weil sie da riesige Potenziale sehen. Insofern hat die BDT mit dem ersten ‚Leuchtturmkunden’ dabei einen Fuß in der Tür. Natürlich mussten wir dazu auch ein gutes Produkt bieten können, was uns durch eine enge partnerschaftliche Entwicklung auch gelungen ist. Die Vorlaufzeit betrug ca. drei Jahre und unsere Entwicklungskosten wurden erstattet.

BondGuide: Also eben nicht mehr auf eigenes Risiko und Kosten – ist das inzwischen Industriestandard?

Rath: Standard nicht, eher ein neueres Phänomen. Wir sind in den vergangenen Jahren davon abgerückt, alle Spezifikationen und Sonderwünsche verschiedener Kunden auf eigene Kosten und eigenes Risiko zu entwickeln und umzusetzen. Wir arbeiten jetzt auftragsbezogen. Für einen großen Druckerhersteller entwickeln wir auch gerade eine Lösung, für die der Auftraggeber die Kosten trägt und am Ende natürlich die Patente besitzt. Damit können wir aber gut leben – vor allem aus wirtschaftlicher Sicht.

Steinhilber: Wichtig zu erwähnen ist, dass wir komplexe Lösungen, in denen hoher Aufwand und viel Arbeit stecken, einmal entwickeln und dann immer wieder verwenden können über
ihre Lebenszeit. Wir starten sozusagen mit einer Universallösung für verschiedene Auftraggeber, die von uns exakt auf die kundenspezfisichen Anforderungen hin angepasst werden.

BondGuide: Wie steht es mit der Elektronikkomponentenbeschaffung? Der Engpass hält sich hartnäckig auch nach drei Ausnahme-Geschäftsjahren. Und: Die USA haben indes gar den Export bei Halbleiterkomponenten beschränkt oder zumindest schon mal angedroht.

Rath: Aktuell erhalten wir die benötigte Menge in der erforderlichen Qualität. Wir sind optimistisch, dass keine erneute Beschaffungskrise entsteht und sich die Eskalationsspirale nur auf
verbaler Front abspielt.

Steinhilber: Tatsächlich sind wir durch die Lehren aus den letzten Jahren vorsichtig geworden. Wir sind daher dazu übergegangen, bei elektronischen Schlüsselkomponenten jeweils noch eine zweite Bezugsquelle in der Hinterhand zu haben. Gleichzeitig haben wir vorbeugend eine gezielte Bevorratung vorgenommen.

BondGuide: Wie steht es unter diesem Gesichtspunkt mit der Re-Patriierung von Lieferketten, um beim nächsten unweigerlichen Einschlag unabhängiger agieren zu können?

Rath: Wir haben unsere Abhängigkeit speziell von China deutlich reduziert. Das ist jedoch nicht gegen China explizit gerichtet, sondern für uns ein Gebot betriebswirtschaftlicher Risikostreuung, um Situationen wie 2021 und 2022 künftig zu vermeiden. Das ist eine der großen Lehren aus dieser Zeit.

Steinhilber: Die Komponeten und Module kommen eben nicht mehr aus China, sondern inzwischen aus Osteuropa. Wir haben dort einen sehr guten Lieferantenstamm für diverse Module auf bauen und an uns binden können – und deshalb nicht mehr sechs Wochen Frachtweg, sondern nur noch zwei Tage Lkw-Fahrzeit. Dieser Unterschied spiegelt sich natürlich auch in einer deutlich niedrigeren Kapitalbindung wider.

BondGuide: 11,5% Kupon sind aber nicht ohne. Rechnet sich das noch – was sagt der CFO?

Rath: Ohne Plausibilitätsrechnung hätte ich gewiss kein grünes Licht gegeben für das Anleihevorhaben. Natürlich hätte ich mir einen niedrigeren Kupon gewünscht, aber die 11,5% waren das Ergebnis des Pre-Sounding und rechnen sich für uns auf alle Fälle. Ich denke, mit unserem zuletzt gezeigten Wachstum und den guten Perspektiven können sich sowohl unsere bestehenden als auch neue Investoren über ein sehr attraktives Gesamtpaket freuen.

BondGuide: Wenn die Kapitalbindung nunmehr erheblich niedriger ist und auch nicht mehr Wunschprojekte von Kunden vorfinanziert werden – wofür genau dient dann überhaupt der avisierte Emissionserlös?

Rath: Die zufließenden Mittel dienen der Finanzierung unseres weiteren Wachstums. Konkret geht es um drei Dinge. Das Werk in Mexiko muss aufgrund unseres erfreulichen Wachstums deutlich erweitert werden – quasi auf das Doppelte. Dies ist eine zwingend erforderliche Voraussetzung für unsere Zieladresse nordamerikanischer Markt. Wir sind aber auch mit einem chinesischen Hyperscaler so weit handelseinig, dass die Serienbelieferung bereits 2024 starten kann. Also benötigen wir auch dort neue Kapazitäten. Der dritte Punkt wiederum ist betriebswirtschaftlich simpel: Wachstum bedeutet stets eine gewisse Vorfinanzierung vielfältiger wie auch z.T. teurer Materialien in unseren Produkten.

BondGuide: Haben Sie nicht auch etwas Sorge, dass ein chinesischer Partner nach einem Jahr Zusammenarbeit sagt: ‘Das kriegen wir auch ohne die BDT hin’?

Rath: Die Sorge ist berechtigt, aber nicht neu. Es ist ein riesiger bürokratischer und technisch sehr aufwändiger Akt, die erforderlichen Qualifizierungen als vertrauensvoller Zulieferer in
unserem Markt zu erhalten – die Markteintrittsbarrieren sind also enorm. Ich tue mich daher schwer damit, mir vorzustellen, dass Kunden wie Dell, HPE oder IBM ohne Not auf einen
neuen, unbekannten chinesischen Anbieter wechseln.

Steinhilber: Als Anbieter aus Deutschland pflegen wir gute Beziehungen sowohl nach Westen als auch nach Osten. Wenn sich die beiden Großmächte einmal mehr kabbeln, fühlen wir
uns als BDT in der goldenen Mitte wohl. Natürlich müssen und werden wir unsere Integrität in beide Richtungen wahren.

BondGuide: Nach Emission der vergangenen Anleihe monierten Leser:innen bei BondGuide die absolut niedrige Nachrichtenfrequenz bei der BDT. Kann man da nicht den Kontakt
zum Kapitalmarkt etwas näher gestalten? – Anleger:innen machen sich immerhin Sorgen, wenn man nur ein bis zweimal im Jahr Geschäftszahlen bekommt.

Rath: Die Kritik ist angekommen und wird von uns auch zu Herzen genommen. Wir wollen zukünftig offensiver und vor allem deutlich häufiger kommunizieren. Diesen Anspruch stellen
wir auch an uns selbst und wollen ihn in Zukunft deutlich besser erfüllen als in der Vergangenheit.

BondGuide: Herr Dr. Rath, Herr Steinhilber, besten Dank an Sie beide!

Das Interview führte Falko Bozicevic

Quelle: Bondguide Newsletter Ausgabe 23/23, ab Seite 18