„Im ersten Halbjahr schon ein Viertel unseres Umsatzes in China“

Wie seit diversen Jahren regelmäßig Richtung Jahresausklang begibt die Neue ZWL (NZWL) auch 2023 wieder eine Folge[1]und Refinanzierungsanleihe. Geschäftsführer Dr. Hubertus Bartsch brachte uns einmal mehr auf den allerneuesten Stand.

BondGuide: Herr Dr. Bartsch, was macht eigentlich Ihr aufgeschobenes Wunschprojekt eigene Härterei am Hauptstandort bei Ihnen in Leipzig? Davon hatten Sie mir 2019 begeistert berichtet vor Ort.

Bartsch: Das Projekt ergibt nach unserem ursprünglichen Plan derzeit keinen großen Sinn mehr. Wir würden hier in Leipzig zusätzliche Kapazitäten schaffen, während sie in der bisherigen Härterei wegfielen. Das würde Probleme nach sich ziehen.

BondGuide: Sie meinen, das wäre als Arbeitgeber schwer zu rechtfertigen? Bartsch: Es wird uns, einem mittelständischen Unternehmen, unter der aktuellen Ampelkoalition nicht gerade einfach gemacht. Nehmen Sie nur die Diskussion um eine mögliche 32-Stunden-Woche. Wenn das so leicht möglich wäre, hätte man das Potenzial sicherlich schon gehoben. Anpassungen an neue Gegebenheiten sind sowohl für die Politik als auch die Wirtschaft hart – aber ohne Anpassungsfähigkeit wer[1]en sie noch härter. Anpassung gelingt jedoch nur, wenn die Rahmenbedingungen klar sind, auf deren Basis man planen kann.

BondGuide: Wie geht es denn der Automobilindustrie im Allgemeinen und der NZWL im Speziellen derzeit?

Bartsch: Die Transformation weg von dem Verbrauch fossiler Rohstoffe hin zu einer CO2-reduzierten oder gar -freien Wirtschaft ist zweifellos ein großer Umbruch. Vergessen wir nicht, dass dieser Umbruch bei den Antriebstechnologien zunächst große finanzielle Investitionen erfordert. Von heute auf morgen geht das nicht. Hier hat die NZWL systematische Besonderheiten. Wir machen schon heute rund 13% unseres Umsatzes im Bereich E-Mobilität und Hybridantrieb, während der Umsatzanteil mit Synchronisierungen sowie Automatik- und Kupplungsgetrieben auf einem konstanten Level weiterläuft. Diese erfolgreiche Diversifikation bedeutet, dass wir von zwischenzeitlichen Krisen, wie wir sie die vergangenen Jahre branchenweit gesehen haben, weniger stark getroffen wurden als viele andere Marktteilnehmer.

BondGuide: Dazu noch ihre Diversifizierung mit z.B. Great Wall Motor in China, einem Ihrer weiteren Hauptkunden, aber eben in China.

Bartsch: Unser China-Geschäft hat sich wie geplant zu einem weiteren wichtigen Standbein entwickelt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Produkte, die aus unserem Werk in China kommen, keine exklusiven Komponenten für den chinesischen Markt, sondern welche für den Weltmarkt sind. Im ersten Halbjahr haben wir ein Viertel unseres Umsatzes in China erzielt. Bei Bedarf nutzen wir Synergien, indem wir uns bei etwaigen Lieferengpässen hüben wie drüben unterstützen. Das ist auch von unserem Hauptkunden Volkswagen so gewünscht. Eines ist klar: Wenn wir Aufträge und damit Zusagen übernehmen, müssen und werden wir diese auch erfüllen. Gleichwohl bestehen zwischen unseren Aktivitäten in Europa und China grundsätzlich keine Abhängigkeiten.

„Umso wichtiger hat sich der Finanzierungsbaustein Anleihe erwiesen, da wir mit den Mitteln Wachstum und Diversifizierung erfolgreich finanzieren konnten“

BondGuide: Herr Dr. Bartsch, alle Jahre wieder seit mittlerweile neun Jahren kommt die NZWL mit einer neuen Anleihe. Dem Kapitalmarkt bleiben Sie al[1]so weiterhin treu?

Bartsch: Als wir 2014 unsere erste Anleihe begeben haben, zeichnete sich dieser Weg bereits ab. Dass wir von Anfang an einen langfristigen Ansatz verfolgt und dies auch so kommuniziert haben, hat sich längst bewährt. Die Bankinstitute sind seither noch viel restriktiver geworden – oft zulasten des Mittelstandes, wo wir mit der NZWL angesiedelt sind. Als umso wichtiger hat sich daher der Finanzierungsbaustein Anleihe erwiesen, da wir mit den Mitteln Wachstum und Diversifizierung erfolgreich finanzieren konnten.

BondGuide: Zum Halbjahr gab es ja gerade mal eine schwarze Null, ‚zufrieden al dente‘ titulierten wir bei BondGuide. Wie sieht es nach vorne gerichtet aus?

Bartsch: Unsere jüngsten Zahlen zum Halbjahr waren sehr solide mit einem Umsatzwachstum von rund 10% auf 85,7 Mio. EUR. Dass sich unser Halbjahresgewinn auf 0,1 Mio. EUR reduzierte, ist in erster Linie auf Wechselkursänderungen zwischen Euro und Renminbi zurückzuführen, die in unrealisierten Währungskursdifferenzen begründet waren. Ohne diesen Sondereffekt in Höhe von 0,7 Mio. EUR beträgt unser bereinigter Halbjahresgewinn 0,8 Mio. EUR. Unser operatives Geschäft hat sich also durchaus gut entwickelt.

BondGuide: Das zweite Halbjahr ist schon weit fortgeschritten. Geht es in die richtige Richtung?

Bartsch: Das zweite Halbjahr ist das erste, das man wieder als halbwegs normal bezeichnen kann. Deshalb bestätigen wir unsere Prognosen, die ein Umsatzwachstum um 2 bis 6% gegenüber dem Umsatz 2022 in Höhe von 158,7 Mio. EUR sowie eine Stabilisierung bzw. leichte Verbesserung von betrieblichem Rohertrag, EBITDA und Konzernjahresüberschuss vorsehen, bereinigt um die Ergebnisse aus Währungsdifferenzen.

BondGuide: Und rollt China bei Elektro-Antrieben den internationalen Markt auf? Mein Eindruck ist, in Europa wird viel ausgelobt – aber nur wenig kommt bei herum.

Bartsch: Dass aktuell mehr als die Hälfte aller E-Autos weltweit auf chinesischen Straßen fahren, ist sicherlich kein Zufall. Da tut sich Europa in der Tat noch sehr schwer, was die Umsetzung ebenso wie die Rahmenbedingungen betrifft. Umso wichtiger erweisen sich daher unser China-Aktivitäten, die wir seit 2015 kontinuierlich auf- und ausgebaut haben.

BondGuide: Die Emission einer Anleihe ist aktuell kein Selbstläufer. Sind Sie trotzdem einigermaßen zuversichtlich?

Bartsch: Die Finanzmärkte sind schon seit einiger Zeit strapaziert und den optimalen Zeitpunkt gibt es wohl nie. Dennoch war es uns wichtig, mit der neuen Anleihe unsere erfolgreiche Strategie fortzusetzen, unsere Fälligkeitsstruktur zu diversifizieren – vor allem, indem wir unseren bestehenden Anlegern einen Umtausch zu attraktiven Konditionen bieten.

„Dass aktuell mehr als die Hälfte aller E-Autos weltweit auf chinesischen Straßen fahren, ist sicherlich kein Zufall.“

BondGuide: Mit 9,5% ist der neue Kupon deutlich höher. Kann die NZWL die neue Zinsbelastung auch wirklich stemmen?

Bartsch: Ja, selbstverständlich – darauf können sich unsere Anleger weiterhin verlassen. Wir werden die Zinszahlung wie in der Vergangenheit bequem aus unserem operativen Cashflow leisten, der im Geschäftsjahr 2022 bei 18,9 Mio. EUR lag.

BondGuide: Herr Dr. Bartsch, einmal mehr ganz herzlichen Dank an Sie für das Update zur Emission!

Das Interview führte Falko Bozicevic.

Quelle: bondguide-22-2023.pdf