BONDGUIDE INTERVIEW
mit
Thomas Benz,
Co-Geschäftsführer,
ASG Solarinvest

„Möglichkeit, richtig durchzustarten“

Ein weiterer Debütemittent präsentiert sich seit einigen Wochen am Kapitalmarkt – und wenig überraschend kommt
auch er aus dem Bereich Erneuerbare Energien. BondGuide sprach zur Emission mit Co-Geschäftsführer Thomas Benz,
ASG Solarinvest.

BondGuide: Herr Benz, ASG SolarInvest ist noch ein neuer Name am Kapitalmarkt. Wie beschreiben Sie sich selbst?

Benz: Die Gesellschaft wurde im Mai 2023 gegründet. Allein-Gesellschafterin ist die ASG Versum AG, auch im Frühjahr gegründet. Richtig neu sind wir aber trotzdem nicht: Die Verbindung zwischen allem ist Jan Wecke. Er war es, der vor 16 Jahren mit einem Partner die ASG Engineering gegründet hat, die weiterhin als Kooperationspartner der ASG Versum
agiert. Zunächst ging es um PV-Aufdachanlagen, später um Freiflächenanlagen, auf die wir uns auch aktuell konzentrieren – und zwar ausschließlich in Deutschland. Die Freiflächenanlagen wurden zuletzt größer und aufgrund vieler Empfehlungen bestehender Grundstücksverpächter konnten einige neue Flächen gesichert werden. So entstand die Möglichkeit, richtig durchzustarten. Das war die Idee hinter der Gründung der ASG Versum, nämlich ein schlagkräftiges Managementteam mit sehr viel Erfahrung zu bündeln, um mit deren Expertise einen
großen Eigenbestand an Freiflächenanlagen aufzubauen, zumal sich gerade sehr attraktive Möglichkeiten dazu bieten.

BondGuide: Gutes Stichwort: Haben Sie nicht die Sorge, dass nach der nächsten Bundestagswahl schon wieder alles gänzlich anders sein könnte?

Benz: Nein, ich bin recht entspannt. Ich sehe nicht, wie sich eine wie auch immer geartete Regierungskonstellation von dem eingeschlagenen Weg nochmal abkehren könnte. Die Weichen sind dauerhaft gestellt, nicht nur für die aktuelle Amtsperiode. Es wird immer wieder Anpassungen und Änderungen geben. Aber an der grundsätzlichen Ausrichtung für Erneuerbare Energien kann sich aus meiner Sicht nichts mehr ändern. Das ist auch auf EU-Ebene Konsens.

BondGuide: Die ASG ist fokussiert auf Sachsen-Anhalt und das südliche Brandenburg. Was sind die Besonderheiten in diesen Bundesländern?

Benz: Die ASG hat ihren Sitz in Sachsen-Anhalt. Unser Motto lautet ‚Aus der Region für die Region‘. Wir möchten bewusst unserer angestammten Region treu bleiben, da wir hier ausreichend Wachstumspotenzial sehen. Lokale Verpächter möchten bevorzugt mit lokalen Anbietern sprechen und verhandeln – erst recht mit solchen, die wie wir von anderen Verpächtern bereits realisierter Projekte empfohlen werden. Dieser Lokalkolorit ist also ein großer Wettbewerbsvorteil und hilft uns gemeinsam mit unserem exzellenten persönlichen Netzwerk ungemein bei der Projektakquise.

BondGuide: Ist der aktuelle Status mit dem Commitment zu den Klimazielen und zur Energiewende die beste Zeit, die Sie je miterlebt haben restrospektiv?

Benz: Das aktuelle Umfeld, das klare politische Commitment der Politik zur Energiewende sowie das geplante Solarpaket I der Bunderegierung sind für Freiflächenanlagen und unser geplantes Wachstum sehr hilfreich. Damit sind die Weichen gestellt, dass wir in den kommenden Jahren als Branche den Zubau an Photovoltaik deutlich erhöhen können und die gesteckten Ziele der Bundesregierung bis 2030 erreichen. Jetzt gilt es, diese guten Vorgaben und Rahmenbedingungen konsequent zu nutzen.

BondGuide: In mehreren Gesprächen wurde mir konstatiert, dass die Vorsätze zwar gut seien, aber an den Umsetzungen hapere es doch auch weiterhin, namentlich den unsäglich langwierigen Genehmigungsverfahren hierzulande.

Benz: Sogenannte privilegierte Freiflächen für Solar können inzwischen tatsächlich schneller zur Baureife gebracht werden. Klar ist aber auch: Es könnte noch mehr entbürokratisiert werden, damit auch das klassische Bebauungsplanverfahren rascher durchlaufen werden kann. Aber die Verbesserung ist schon spürbar. Die Wunschliste der Branche an die Rahmengeber für einen schnelleren Ausbau der Photovoltaik wurde mit den geplanten Änderungen im Solarpaket I und II teilweise erfüllt, aber es bleiben noch Punkte offen.

BondGuide: Gibt es schon Konkurrenz um ausgewiesene Flächen?

Benz: Wir haben immer wieder Mitbewerber um interessante Flächen. Aber unsere Regionalität ist ein gewichtiger Vorteil in den Gesprächen mit den Eigentümern. Da wir aus der Region sind, gibt uns das sicherlich einen spürbaren Rückenwind in den neuen Bundesländern. Referenzen und Kontakte, wie wir sie haben, zählen etwas. Sobald die Flächensicherung abgeschlossen ist, arbeiten wir auch mit Mitbewerbern zusammen, wenn es zum Beispiel um Synergien bei der Realisierung gemeinsamer Netzanschlüsse geht.

BondGuide: Jetzt gab es in den vergangenen Wochen wenig gute Nachrichten von einzelnen Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbare Energien. Gibt es Zahlungsverzögerungen etc., wie sie von den Emittenten reklamiert wurden, auch in Ihrem Bereich?

Benz: Es handelt sich dabei eher um branchentypische Projektenwicklungsrisiken. Verzögerungen können grundsätzlich immer passieren, was sich entsprechend auf die vereinbarten Meilensteinzahlungen auswirken würde. In die Gesellschaft mit ihren Tochtergesellschaften sind aber Projekterechte eingebracht worden, die nicht mit dem Emissionserlös erworben werden müssen und damit die Projektentwicklungsrisiken mindern. Die Zinszahlungen und die Tilgung am Laufzeitende werden wir bedarfsgerecht über den Verkauf oder den Betrieb von Projekten, Projektrechten oder Projektgesellschaften im Photovoltaik-Bereich und gegebenenfalls über eine teilweise Refinanzierung sicherstellen.

BondGuide: Wie sind die Lieferzeiten von Komponenten in Ihrem Bereich: Haben sich die Lieferketten von den Schwierigkeiten der letzten Jahre erholt?

Benz: Bei den meisten Komponenten: ja. Bei Transformatorenstationen und Umspannwerken gibt es weiterhin eine hohe Nachfrage, die dem beschleunigten Ausbau geschuldet ist. Wenn man entsprechend vorplant, funktioniert derzeit wieder alles im Rahmen des Gewohnten.

BondGuide: Und wie sieht es mit der ‚temporären Inflation‘ in der Beschaffung aus?

Benz: Sie werden lachen: Solarmodule sind zuletzt sogar günstiger geworden – der technologische Fortschritt macht eben nicht Halt. Die höheren Zinsen, also generelle Finanzierungskosten, oder gestiegene Komponentenkosten in einzelnen Bereichen sind schon ein Punkt. Bis heute scheitert bei uns aber kein Projekt wegen der Folgen der temporären Inflation.

BondGuide: Gibt es in Ihrem Bereich noch technische Innovationen, einen Sprung in der Entwicklung?

Benz: Die PV-Technologie entwickelt sich stetig weiter. Das sieht man an den Flächenwirkungsgraden der Module. Die Leistung pro Fläche steigt derzeit unentwegt. Aktuelle neue Themen sind beispielsweise sogenannte bifaziale Module, bei denen auch die Rückseite zur Energieerzeugung verwendet wird. Die Reflexion des Lichtes vom Boden ermöglicht dabei zusätzliche Erträge auf derselben Fläche. Bei den Entwicklungen von neuen Technologien und Materialkombinationen und der daraus folgenden Steigerung der Wirkungsgrade sehe ich noch für lange Zeit kein Ende der Fahnenstange.

BondGuide: Wie weit kommen Sie mit dem Anleihevolumen?

Benz: Wir verfügen bereits über gesicherte, in der Entwicklung befindliche Projektrechte mit einem Gesamtwert von 22 Mio. EUR und einer geplanten installierten Kapazität von 524 MW. Das Anleihevolumen wird uns helfen, einen Großteil davon bis zur Baureife zu entwickeln.

BondGuide: Ihr Geschäft ist branchenbedingt stark vorfinanzierungslastig, oder?

Benz: Natürlich muss eine Entwicklung stets erst einmal finanziert werden, dafür nutzen wir auch die Mittel aus der Anleiheemission. Projekte werden bis zur Baureife entwickelt. Hier besteht Vorfinanzierungsbedarf unter anderem für Kosten von Gutachtern, Umweltberichten, Bauplanern und Personal. Anders schaut es dann in der Betriebsphase von PV-Anlagen aus. Hier wird Cashflow generiert, der uns langfristig absichern soll. Unser Ziel ist es deshalb, möglichst viele gute Projekte auch im Eigenbestand zu halten. Eine zweite Möglichkeit, Cashflow zu generieren und weitere Projekte vorfinanzieren zu können, ist der teilweise oder vollständige Verkauf von Projektrechten. Unser Ziel ist dabei immer, damit neue Investitionen angehen zu können. Insofern haben Sie ganz recht: Stets geht es um Cashflow und Vorfinanzierungsmöglichkeiten, um günstige Gelegenheiten nutzen zu können.

BondGuide: Der Kupon von 8% ist noch verdaubar?

Benz: Ja, definitiv – das hat auch unsere Wirtschaftlichkeitsrechnung im Vorfeld gezeigt. Vor zwei Jahren wäre eine Anleiheemission aufgrund des damals niedrigeren Zinsumfeldes zweifellos günstiger gewesen. Wir sind davon überzeugt, dass wir ein attraktives Gesamtpaket bieten. Das haben auch Investoren im vorgelagerten Marketsounding bestätigt.

BondGuide: Irgendwelche Besonderheiten, die ein Interessierter wissen müsste?

Benz: Der Charme unserer Anleihe besteht darin, dass wir nicht bei Null anfangen – die ganzen gesicherten Projektrechte über mehr als 500 MW besitzen wir bereits. Ein Grundstock an
Werten ist also vorhanden und wenn wir historische Umsetzungen etc. umrechnen, dann kommen wir mit rund 22 Mio. EUR auf einen Gesamtwert für die Projektrechte, der schon jetzt deutlich höher ist als der Nominalwert der Anleihe.

BondGuide: Bei dem Geschäftsmodell und mit der Erfahrung mit anderen Emittenten aus Ihren Kreisen würde ich unterstellen, dass das kein einmaliger Auftritt am Kapitalmarkt bleiben
dürfte.

Benz: Da würde ich jetzt nicht allzu vehement widersprechen – im Gegenteil. Unser erklärtes Ziel ist, den Zugang zum Kapitalmarkt dauerhaft zu nutzen und uns als zuverlässiger Emittent fest zu etablieren.

BondGuide: Herr Benz, ganz herzlichen Dank an Sie!

Das Interview führteFalko Bozicevic.

 

Quelle: bondguide-25-2023.pdf