Mit den WSF-Mitteln konnten die Liquiditätssituation entspannt und die kommenden Aufträge abgesichert werden “

Dr. Michael Bormann, CFO, Schlote Holding GmbH, und Marc Speidel, Geschäftsführer, LEWISFIELD Deutschland GmbH

Die Schlote Holding GmbH erhält als eines der ersten mittelständischen Unternehmen Mittel vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE erläutern Dr. Michael Bormann, CFO, Schlote Holding GmbH, und Marc Speidel, Geschäftsführer, LEWISFIELD Deutschland GmbH, welche Bedeutung dies für die Schlote-Gruppe hat und worauf andere mittelständische Unternehmen bei der Beantragung von Mittels des WSF achten sollten.

BOND MAGAZINE: Die Schlote Holding erhält Mittel des Wirtschaftsstabilisierungsfonds in Höhe von 25,5 Mio. Euro. Um welche Finanzierungen handelt es sich und welche Laufzeit haben die Finanzierungen?

Bormann: Die Gesamtsumme ist aufgeteilt auf zwei verschiedene Instrumente. Der Schlote Holding wurde eine stille Beteiligung in Höhe von 17 Mio. Euro sowie ein Nachrangdarlehen in Höhe von 8,5 Mio. Euro aus den WSF-Töpfen ausbezahlt. Beide Instrumente sind dabei mit Laufzeiten ausgestattet, welche eine ratenweise Rückführung der Mittel ab Mitte 2025 vorsieht.

BOND MAGAZINE: Also laufen sowohl die stille Beteiligung als auch das Nachrangdarlehen länger als die Schlote-Anleihe 2019/24?

Speidel: Korrekt. Da die Fälligkeit der Anleihe im November des Jahres 2024 ansteht, sind beide Instrumente mit ihrer Fälligkeit hinter der Anleihe 2019/24. Generell ergibt sich in der Schlote Holding langfristig ein homogenes Tilgungsprofil. Dies ist Voraussetzung, um überhaupt Finanzierungshilfen durch die Ministerien bewilligt zu bekommen. Um ein solches Tilgungsprofil zu generieren, war es ebenfalls notwendig, die Laufzeit der landesverbürgten Mittel um ein weiteres Jahr auf das Jahr 2025 zu verlängern. Hierbei waren wir auch auf die Hilfe der Schlote-Hausbanken angewiesen, welche uns während des gesamten Prozesses unterstützt haben.

BOND MAGAZINE: Wie sind die beiden Tranchen ausgestaltet? Musste die Schlote Holding für die Finanzierungen beispielsweise Sicherheiten stellen?

Bormann: Die stille Beteiligung ist vollständig als Eigenkapital zu bilanzieren. Ferner ist die Renditestruktur dahingehend konstruiert, dass sich Ansprüche lediglich im Falle einer Erfolgsperiode ergeben. Ergo nimmt die stille Beteiligung auch vollständig an einem etwaigen Jahresfehlbetrag teil. Das Nachrangdarlehen steht in der Rangfolge zwischen dem klassischen Fremdkapital und Eigenkapitalgebern, wodurch sich eine Zurechnung zum wirtschaftlichen Eigenkapital ergibt. Sicherheiten aus der Schlote-Gruppe wurden jeweils nicht bereitgestellt. Die Auflagen des WSF sehen jedoch eine anteilige Bürgschaft von Herrn Jürgen Schlote vor. Außerdem wurden Zusicherungen im Hinblick auf die Verwendung der Gelder in den Verträgen festgehalten.

BOND MAGAZINE: Ist die Schlote Holding mit dieser Finanzierung nun gerüstet für den weiteren Verlauf der Pandemie?

Bormann: Natürlich bleibt die kurzfristige Zukunft schwierig einschätzbar, aber zum jetzigen Zeitpunkt sind wir schon der Meinung, gut aufgestellt zu sein. Mit den WSF-Mitteln konnten die Liquiditätssituation entspannt und die kommenden Aufträge abgesichert werden. Nichtsdestotrotz achten wir natürlich ganz genau auf unsere Ausgaben und Aufwendungen. Speziell die kommenden Monate werden sicherlich noch mit gewissen Unsicherheiten hinsichtlich Lockdowns und COVID-19 verbunden sein. In jedem Fall stärken die Finanzhilfen aber unsere Eigenkapitalbasis und damit auch die Bonität des Unternehmens, was auch geradeim Hinblick auf unser Rating, vor allem bei den Warenkreditversicherern unserer Lieferanten, ein sehr wichtiges Kriterium für uns war.

BOND MAGAZINE: Sind die Coronahilfen somit ein gelungenes Instrument, um die Wirtschaft in der aktuellen Lage zu unterstützen?

Speidel: Familien- oder inhabergeführte Mittelständler in Deutschland weisen generell eine unterdurchschnittliche Eigenkapitalquote aus. Da kann eine Pandemie ein mittelständisches Unternehmen sehr zügig an das Limit bringen, sofern aufseiten der Gesellschafter nicht die Möglichkeit besteht, entsprechendes Eigenkapital nachzuschießen. Die letztmögliche Alternative ist da häufig nur ein Engagement eines High Yield Equity Fonds, eine Übernahme durch einen Konkurrenten oder gar die Insolvenz. Entweder hat das Unternehmen in der Folge mit unrealistischen Renditevorstellungen zu kämpfen oder eventuell gar nicht mehr die Handhabe über den eigenen Betrieb. Um, nur aufgrund der Pandemie, nicht auf eine solche Lösung angewiesen zu sein, wurde der WSF ja gerade ins Leben gerufen. Diese Funktion erfüllt er meiner Meinung nach sehr gut.

BOND MAGAZINE: Welche Voraussetzungen müssen mittelständische Unternehmen erfüllen, um Mittel des WSF zu erhalten?

Speidel: Zum einen müssen quantitative Kriterien, wie eine bestimmte Umsatz- oder Bilanzgröße erfüllt werden. Zum anderen wird der qualitative Nachweis benötigt, dass ein Unternehmen eine gewisse volkswirtschaftliche Relevanz hat. So etwa, wenn die Bestandsgefährdung der Gesellschaft hohe Einschnitte in bestimmte Wertschöpfungsketten oder Teilen des Arbeitsmarktes hätte. Beides war bei der Schlote-Gruppe gegeben.

BOND MAGAZINE: Wie lange dauert ein solcher Antrag etwa?

Speidel: Wie ein Anleiheprozess nimmt die Beantragung von WSF-Mitteln Zeit in Anspruch und ist hinsichtlich der Dauer vergleichbar. Von der Beantragung bis zur Bewilligung waren wir circa vier Monate beschäftigt. Dies resultiert vor allem aus einer detaillierten Prüfung, innerhalb welcher die Zugangsvoraussetzungen verifiziert werden, das Unternehmen zudem einer umfassenden betriebs- und volkswirtschaftlichen Analyse unterzogen wird. Man muss hier jedoch zusätzlich erwähnen, dass wir als eines der ersten Unternehmen überhaupt die Antragsstellung angestoßen haben. Vor der Schlote Holding GmbH haben nur die Deutsche Lufthansa, die TUI und drei andere Unternehmen Mittel aus dem WSF erhalten. Wir sind nach der Lufthansa also erst das sechste Unternehmen überhaupt. Seinerzeit haben sich einzelne Vorgänge und Zuständigkeiten aufseiten der WSF-Verantwortlichen noch gebildet oder aufgrund diverser Rückmeldung der EU auch noch geändert.

BOND MAGAZINE: Welchen Rat würden Sie anderen Unternehmen geben, die Mittel des WSF beantragen möchten?

Bormann: Vor allem in Zeiten einer Pandemie müssen Kapazitäten effizient geplant werden. Daher sollte die zeitliche Beanspruchung eines Antrags von WSF-Mitteln von Beginn an aufseiten der Unternehmen einkalkuliert werden. Das Unternehmen muss schlichtweg „Due-Diligence-fähig“ sein, ein aktuelles und aussagekräftiges Reporting haben und das Management muss hier auch überzeugen.

Speidel: Darüber hinaus ist es hilfreich, bereits zu einem frühen Zeitpunkt die bestehenden Kreditgeber mit in den Prozess zu involvieren, um die möglicherweise benötigten Anpassungen vorzeitig anzustoßen. Ein Financial Advisor kann zum einen diese und viele weitere Abläufe steuern, zum anderen können die Erfahrungswerte des Beraters den Beantragungsprozess erleichtern und transparenter erscheinen lassen. Am 9. Dezember findet genau zu diesem Thema ein Webinar mit Herrn Dr. Bormann und meiner Person statt. In diesem werden wir auch auf einzelne Punkte im Antragsprozess näher eingehen können. www.bdp-team. de/node/1453

BOND MAGAZINE: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christian Schiffmacher.

Quelle: BOND MAGAZINE | Ausgabe 167 | 01.12.2020 | www.fixed-income.org